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Jahresbericht 2020

Einiges war möglich, vieles nicht.
Jahresbericht 2020

Beim Mittagessen sprechen zwei Frauen miteinander. Foto: Linda Pollari

Im Vorwort zum Jahresprogramm 2020 steht: «Das Jahresprogramm lädt dazu ein, zusammenzuwachsen. Die Verbundenheit zu einem Mitmenschen kann in Begegnungen tiefer werden. Da und dort wachsen Menschen zu kleinen und grösseren Gemeinschaften zusammen.» Rückblickend müssen wir feststellen: Menschen mit Behinderung konnten sich wegen der Pandemie nicht in der gewohnten Form begegnen. Weder die kleineren noch die grösseren Gemeinschaften konnten weiterwachsen, weil Menschen schlicht nicht in Gemeinschaft zusammenkommen durften. Offen bleibt, ob uns die Pandemie zusammenwachsen liess oder doch eher auseinanderdrängte. Die Zukunft wird es weisen.

Trotz Pandemie arbeiteten wir weiter und gestalteten das Mögliche. So trat Anfang Februar Silja Horber eine Stelle bei uns an. Wir sind sehr froh, dass wir mit ihr eine junge Frau mit Behinderung als Sekretärin gewinnen konnten. Sie bringt ihre Erfahrungen als Expertin in eigener Sache ein. Das ist für uns ein grosser Gewinn.

Das Team der Dienststelle versuchte während der Pandemie so gut wie möglich bei den Menschen zu sein. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen während des Lockdowns mit über 100 Personen persönlich und regelmässig in engem Kontakt. Sie suchten nach Wegen und Formen, um mit ihnen zu sprechen. Die Maske verdeckt einen grossen Teil des Gesichts. Wie soll da eine gehörlose Frau von den Lippen ablesen können? Telefonieren mit einem gehörlosen Mann? Unmöglich! E-Mail, SMS, Skype, Zoom, Videobotschaften und Whats-App bauten Brücken und überwanden Barrieren. Eine gehörlose Frau war sichtlich erfreut, als sie sich das erste Mal via Skype mit uns unterhalten konnte. Zugleich bedauerten wir, dass wir mit manchen Menschen nicht kommunizieren konnten. Zu stark war die Behinderung und zu strikt das Besuchsverbot von Seiten der Institutionen. Anna Wörsdörfer gestaltete als Seelsorgerin einen Oster- und Pfingstbrief. Neben Texten, Bildern und Liedern bot sie Malvorlagen an. Bunt ausgemalte und fantasievoll gestaltete Bilder kamen zu ihr zurück und brachten Farbe und Fröhlichkeit in den Alltag. In der Gehörlosenseelsorge erschien alle 2 Wochen ein inspirierender Newsletter, den das reformierte Gehörlosenpfarramt und die katholische Gehörlosenseelsorge ökumenisch verantworteten.

In der ersten Hälfte des Jahres mussten wir zahlreiche Veranstaltungen und Begegnungen streichen. Hoffnungsvoll schauten wir auf Ende August. Wir wollten ein Fest des Lebens feiern. Ein Fest, das Menschen zusammenführt, uns alle den «Corona-Alltag» vergessen und gestärkt weitergehen lässt. Ja, wir konnten ein Fest feiern! Und was für eines! Wie freuten wir uns, einander zu sehen, miteinander Gottesdienst zu feiern, miteinander zu essen und miteinander die beschwingte Musik von Finn’s Finale zu geniessen! Die Fotografin und Künstlerin Linda Pollari hat die bewegenden Momente und Stimmungen festhalten. Eine Bilder-Collage mit wunderschönen Erinnerungen schmückt jetzt unsere Räumlichkeiten.

Auch die Angebote von Seiten der Pfarreiarbeit fanden nur teilweise statt. In der ersten Jahreshälfte waren noch zwei Sensibilisierungen und zwei Gottesdienste mit den Pfarreien möglich. In der zweiten Jahreshälfte ermöglichte ein wunderbares Projekt in der Natur Begegnung zwischen Jugendlichen aus Effretikon und einem sehbehinderten Mann. Verstärkt haben wir unsere Projekte auf Umsetzungsmöglichkeiten im Freien geprüft, mit neuen Inhalten angereichert. Wir haben uns mit Expertinnen und Experten in eigener Sache beraten und mit zwei Online-Sensibilisierungen unser Spektrum vergrössert. Wir haben uns Zeit genommen, mögliche neue Expertinnen und Experten zu gewinnen, dafür einen Interviewfragebogen entwickelt und diverse Gespräche geführt. Wir haben uns gut vorbereitet auf die Veranstaltungen und hoffen, dass sie bald wieder stattfinden können.

Esaria Antia Utelli ging Ende Oktober in Pension. Sie hat über 16 Jahre bei uns gearbeitet. Sie unterstützte und begleitete die Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Erwachsenenbildung und Gottesdiensten im Wagerenhof in Uster. Stefan Arnold dankt ihr herzlich für ihr jahrelanges Engagement für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Das Wochenende im Dezember absagen musste Anna Wörsdörfer, die Seelsorgerin der Menschen mit Lernschwierigkeiten und mehrfachen Behinderungen. Zu gross war das Risiko, dass sich Gäste mit dem Virus infizieren und dieses zurück in Familien und Institutionen bringen könnten. Anna Wörsdörfer nahm den Inhalt des Wochenendes auf und gestaltete liebevoll und mit Freude Engelspakete. Diese gab sie persönlich an jene ab, die an der Veranstaltung teilgenommen hätten. Mit strahlenden Augen berichtete sie über die Begegnungen und die Freude der Beschenkten.

Zum ersten Mal ist ein Figurentheater entstanden. Die Marionettengruppe Nicolo erzählte die Geschichte «De chlinschti Ängel und de Wiehnachtsstern». Den Inhalt übersetzte eine Gebärdensprach-Dolmetscherin und machte diesen so für gehörlose Menschen zugänglich. Tanja Haas und Annigna Command, zwei Mitarbeiterinnen, nahmen eine Weihnachtsgeschichte auf CD auf. Diese schickten sie dann an Menschen mit einer Sehbehinderung. Ein Mann schrieb uns: «In Zeiten der Pandemie entstehen plötzlich neue Ideen, die dann auch umgesetzt werden. Und die CD erinnert mich so an die Weihnachtsfeiern in der Kirche St. Peter und Paul in Zürich und das gemütliche Beisammensein danach.»

Einiges war möglich, vieles nicht. Wir hoffen alle auf ein weiteres Zusammenwachsen und neue Erfahrungen in Gemeinschaft. Bei allem, was wir erlebt haben, sind wir miteinander verbunden geblieben.

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