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10-jähriger Einsatz für die Behindertenseelsorge

Regula Eiberle ging Ende Mai 2018 in Pension. Stefan Arnold führte mit ihr ein Interview. Gemeinsam schauen sie auf die vergangenen 10 Jahre.
10-jähriger Einsatz für die Behindertenseelsorge

Regula Eiberle, ehemalige Mitarbeiterin in der Pfarreiarbeit

Regula, Ende Mai gehst Du in Pension. Wenn Du an Deine Pension denkst, wie geht es Dir dann?


Es ist ein sanfter Abgang, weil ich nicht aus der Welt bin. Ich bin gerne weiter aktiv als Freiwillige. Ich besuche weiterhin die Veranstaltungen der Behindertenseelsorge. Ich freue mich weiterhin auf die schönen Kontakte. Ich konnte in den vergangenen Jahren viele Menschen mit Behinderung und viele von den Pfarreien kennenlernen.

An was denkst Du gerne zurück? Was freute Dich?


Vor zehn Jahren, als ich angestellt wurde, war meine Vision eine gemischte Gruppe. Nicht nur Separation, sondern Veranstaltungen, bei denen Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen dabei sein können. Es brauchte ein Umdenken im Team. Die Mitarbeitenden brauchten Zeit. Ein wenig Widerstand war zu spüren. Zum Glück hat sich vieles zum Positiven entwickelt, was mich sehr freut. Den Weg, den wir jetzt gehen, ist ein guter Weg, hin zur Inklusion.

Ganz besonders freute mich, dass ich mit den Gehörlosen zusammen den Gebärdenchor „Tanzende Hände“ gründen konnte. Mit den gehörlosen Frauen und Männern durfte ich in vielen Kirchen Lieder in Gebärden aufführen. Unsere Darbietungen haben uns immer wieder verbunden, erfüllt und begeistert.

 

Einen leichten Zugang hatte ich zu Pfarreien und Angestellten in Pfarreien, die schon Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung hatten. Wir waren gemeinsam mehrere Jahre partnerschaftlich auf dem Weg. Eine wunderbare und lehrreiche Zusammenarbeit. Ich bin überzeugt, sie werden weiterhin der Kath. Behindertenseelsorge treu bleiben.

Mich hat es immer wieder sehr berührt, wie Pfarreien keine Mühe scheuten und Mitenand-Gottesdienste so gestaltet und angepasst haben, dass alle Bedürfnisse von verschiedenen Behindertenarten berücksichtigt wurden. Sie waren offen für meine Anliegen und die Anliegen von Menschen mit Behinderung.

Du hast gesagt: «Vieles hat sich zum Positiven entwickelt.» Kannst Du ein, zwei Beispiele nennen?


Die verschiedenen Veranstaltungen waren am Anfang nur für die einzelnen Gruppenmitglieder. Im Jahresprogramm vor ein paar Jahren, wies Stefan Arnold darauf hin, dass alle an allen Veranstaltungen teilnehmen können. Die Menschen mit Behinderung haben dann selbstbestimmt entschieden, wo sie teilnehmen möchten. Das war für sie eine gute Erfahrung.

Ich selber habe diesen Schritt gemacht. Ich wollte ein gutes Vorbild sein. Darum war ich bei Veranstaltungen der blinden Menschen und der Menschen mit einer intellektuellen Behinderung dabei. Ich nahm an einem Wochenende in Einsiedeln teil. Ich war in der Ferien-und Besinnungswoche. Alle waren dabei. Gehörlose, Blinde, Menschen mit einer intellektuellen oder körperlichen Behinderung, Mehrfachbehinderte und Aphasiker. Nicht zu vergessen sind die Assistenzen. Es war eine Freude, zu sehen, wie sie liebevoll und mit Respekt miteinander umgingen. Immer wieder durfte ich mit diesen Menschen eine wundervolle Gemeinschaft erleben, die ich nicht mehr missen möchte.

Es sind schöne Freundschaften entstanden. Auch nach der Pensionierung möchte ich fleissig weiter dabei sein. Ich liebe die Abwechslung, die Verbundenheit, die Zugehörigkeit und gute Kontakte mit allen.

Welche Menschen waren in den vergangenen Arbeitsjahren wichtig für Dich?


Mein tolles Team, welches mir viel Neues beigebracht hat. Ich konnte mich auf das Team verlassen und durfte viel Unterstützung erfahren. Ich bekam auch viel Freiheit, selber zu gestalten, meine Ideen einzubringen und umzusetzen. In den 10 Jahren habe ich unglaublich viel gelernt und erleben dürfen. Zum Beispiel das Erntedankfest, die Team-Tage, die spirituellen Tage, die «Mitenand-Gottesdienste» und Swiss Handicap, die mein Team oder wir gemeinsam gestaltet haben. Die Arbeit war reich an Abwechslung. Es kam nie Langeweile auf. Ich nehme einen grossen Erlebnis- und Erfahrungsschatz mit. Dafür bin ich sehr dankbar. Ganz besonders schätze ich, dass Stefan die Gebärdensprache gelernt hat. So kann er sie auch bei anderen Gehörlosen einsetzen.

 

Was waren Deine Anliegen im Kontakt mit den Pfarreien?


Ich wollte, dass Pfarreien Menschen mit einer Behinderung Heimat bieten und einen hindernisfreien Zugang ermöglichen. Ich wünschte mir, dass die Barrieren - zwischenmenschlich und baulich - wegfallen.

Die Sensibilisierung mit Kindern und Jugendlichen war auch ein Teil meiner Arbeit. Für mich war es wichtig, dass schon die Kinder den Umgang mit Menschen mit einer Behinderung kennenlernen. Viele Kinder und Jugendliche waren motiviert, hatten Fragen gestellt und konnten ihre Berührungsängste abbauen. Andere Kinder fanden schnell Zugang und gingen damit ganz natürlich um.

Was war schwierig?


Die Tür war manchmal verschlossen. Durch schlaue Umwege fand ich Zugang oder musste mehrmals anklopfen. Hartnäckig bleiben war meine Stärke, die auch belohnt wurde. Manchmal wünschte ich mir mehr Eigeninitiative seitens der Pfarreien. Oft nannten sie die fehlende Zeit als Grund. Sie hatten ihr klassisches Jahresprogramm. Für unsere Themen blieb wenig Platz.

Bei Pfarreien mit Mitenand-Gottesdienst musste ich am Anfang erklären, was Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen brauchen, z.B. Dolmetscherin, Grossschrift, Braille, leichte Sprache, einen bestimmten Platz in der Kirche oder gute Lichtverhältnisse.

Mit Aufklärungsarbeiten konnte ich Hemmungen und Berührungsängste gegenüber mir und Menschen mit Behinderung abbauen. So entstand eine wertvolle schöne Zusammenarbeit.

Für mich hast Du immer wieder Brücken gebaut zwischen gehörlosen und hörenden Menschen. Was möchtest Du den gehörlosen Frauen und Männern sagen, wenn Du auf die Hörenden schaust?


Es ist wichtig, dass beide aufeinander zugehen. Ich möchte sie ermutigen. Ausprobieren, miteinander zu kommunizieren, kann spannend sein. Wir haben heute Dolmetscher und Dolmetscherinnen. Alles ist möglich. Voneinander lernen kann den Horizont erweitern.

Was können Hörende von Gehörlosen Lernen?


Dass Gebärdensprache für Gehörlosen wichtig ist. Zu 100% ablesen, ist schwierig. Es gibt oft Missverständnisse. Damit die Kommunikation klappt, wäre es schön, wenn die Hörenden die Gebärdensprache lernen.

Die Hörenden werden viele neue Erfahrungen machen und das Erlernen der Gebärdensprache wird für sie ein besonderes Erlebnis. Dort wo Gebärdensprach-Gemeinschaft gepflegt wird, kommen die Gehörlosen gerne. Sie sind treue Seelen.

Was möchtest Du den hörenden Kindern, Jugendlichen, Frauen und Männern sagen, wenn Du auf die Gehörlosen schaust?


Das gleiche. Sie sollen Mut haben, aufeinander zuzugehen. Versuchen kostet nichts. Erzwingen kann man gleichzeitig auch nichts.

Am 1. Mai beginnt Cornelia Bürgler zu arbeiten. Sie ist deine Nachfolgerin. Was möchtest Du ihr mit auf den Weg geben?


Dass sie auf dem aufbauen kann, was wir aufgebaut haben. Dass sie immer mehr Pfarreien erreicht, die mit der Kath. Behindertenseelsorge auf den Weg gehen.

Ich wünsche ihr viel Freude und Erfolg bei der Arbeit, in der Zusammenarbeit mit dem Team, mit Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, bei der Sensibilisierung und mit den Pfarreien. Ich bin überzeugt, sie wird wie ich viele wertvolle und schöne Erfahrungen machen.

Was wünschst Du den gehörlosen Menschen für die Zukunft?


Ich wünsche Ihnen ein langes Leben, damit sie noch viele schöne Aktivitäten besuchen können. Dass sie ihre Wünsche einbringen, unter einander austauschen und ein gutes Programm gestalten.

Was wünschst Du der Behindertenseelsorge für die Zukunft?


Wir haben sehr viel erreicht in den vergangen zehn Jahren durch gute und fachkompetente Zusammenarbeit. Den guten Blick auf Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen habe ich erlebt. Ich wünsche dem Team der Behindertenseelsorge viel Kraft, Gottes Führung und dass sie ihre Arbeit weiterhin als Bereicherung, als ein Geben und Nehmen erfahren darf. Ich möchte ihnen einen Strauss voll Ideen und bunter Vielfalt für die Zukunft mitgeben. 

Liebe Regula, für das Interview danke ich Dir herzlich. Mich hat immer wieder beeindruckt, mit welcher Ausdauer Du Kinder, Jugendliche und Erwachsene in den Bann gezogen hast. Mit viel Freude hast Du sie Gebärden gelehrt. Noch mehr freutest Du Dich, wenn sie die gelernten Gebärden gebrauchten.

Für Deinen grossen Einsatz danke ich Dir von Herzen. Ich wünsche Dir für Deinen weiteren Weg Gottes Segen und viele frohe Stunden. Wir freuen uns, wenn Du weiter mit uns auf dem Weg bist. So können wir die gelernten Gebärden immer wieder auffrischen.

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